Gegnerportrait: Ex-Bundesligist liegt in Lauerstellung
Den FC Ingolstadt 04 in der derzeitigen Form gibt es erst seit dem 5. Februar 2004. Zuvor waren der MTV und der ESV eigenständig und spielten einst in der Zweiten Liga Süd, teilweise sogar mit dem 1. FC Saarbrücken zusammen. An besagtem Februartag schlossen sich die beiden Fußball-Abteilungen zusammen und gehen seitdem gemeinsam an den Start. 2007 folgte die Umfirmierung der Lizenzspielerabteilung in eine GmbH, an der die in der Stadt ansässige Audi Sport GmbH fast 20 Prozent Anteile hat. Der Rest ist in Vereinsbesitz. Um die Professionalisierung weiter voranzutreiben, wurde 2010 auch eine zeitgemäße Spielstätte errichtet, der Audi-Sportpark weit vor den Toren der Stadt. Das alte ESV-Stadion, offiziell Bezirkssportanlage Südost und kurzfristig nach einem Sponsor Tuja-Stadion genannt, existiert noch ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs, das E in ESV steht ja schließlich für Eisenbahner. In diesem Stadion fanden während den Olympischen Sommerspielen 1972, an denen unser Aufsichtsratsmitglied Egon Schmitt teilnahm, auch Spiele des (Herren-)Fußballturniers statt. Da das MTV-Stadion für eine Profiliga zu klein war, musste das Profiteam nach der Drittliga-Qualifikation komplett ins ESV (bzw. Tuja-)-Stadion umziehen. Das alte MTV-Stadion wurde mittlerweile komplett umgebaut, beide Stadien erfüllten die Auflagen aber nicht mehr. Die erste Drittliga-Saison 2006/07 wurde als Fünfter beendet, während der FCS in die Oberliga Südwest durchgereicht wurde. Allerdings beherrschte der FCS beide Begegnungen deutlich. Gleich am 5. August, dem ersten Spieltag, gab es im alten MTV-Stadion einen 3:0-Startsieg für das von Michael Henke, der später auch im Trainerteam der Schanzer war, trainierte FCS-Team. Jonathan Jäger (28.) sorgte für die Pausenführung, Arif Karaoglan (67.) und Thorsten Nehrbauer (73.) sicherten den ersten Dreier ab. Andras Tölcseres, der zuvor zwischen 1999 und 2000 eine Spielzeit im Ludwigspark weilte, war mittlerweile für die Gegenseite aktiv. Im Rückspiel am 25. November saß schon Didier Philippe auf der FCS-Bank als Trainer. Diesmal war die Angelegenheit mit 6:0 (4:0) sogar noch deutlicher. Bis zur Pause trafen Jonathan Jäger (10., 18. und 42.) sowie Victor Samb (31.), Mahir Saglik legte im zweiten Durchgang noch zwei Treffer zum halben Dutzend nach (48. und 89.) Der FCS hatte das überragende Stürmerduo der Regionalliga Süd – und stieg dennoch ab. Danach dauerte es 14 Jahre, bis man sich in der Dritten Liga wieder traf, denn Ingolstadt stieg in der darauffolgenden Saison in die Zweite Liga auf und war zwischen 2015 und 2017 sogar für zwei Spielzeiten Bundesligist. In dieser Zeit konnte man auch einen Meistertitel erringen, die Mediadesign-Hochschule Düsseldorf kürte das FCI-Heimtrikot zum „Trikotmeister“. Danach ging es sportlich stetig bergab, 2020 war das erste Drittligajahr, nach dem Aufstieg und dem direkten Wiederabstieg aus der Zweiten Liga unternehmen die Bayern nun den zweiten Anlauf in Folge. Rüdiger Rehm, der aktuell beim SVW Mannheim tätig ist, stieg mit den Schanzern ab und wurde danach während der Runde entlassen. Mit Jalen Hawkins (ebenfalls beim SV Waldhof) und unserem verletzten Mittelstürmer Patrick Schmidt standen in jüngster Zeit zwei weitere Ex-Malstatter an der Donau unter Vertrag. In der abgelaufenen Runde folgte Guerino Capretti als Trainer auf Rehm, doch der frühere Coach des SC Verl hatte einen schlechten Start. Den ersten Sieg landete er mit dem FCI ausgerechnet in Saarbrücken mit 4:3 (1:2), verlor danach aber weiter in Serie und wurde von Michael Köllner abgelöst. ,,Das war keine leichte Aufgabe. Die Mannschaft hat sich damals in einer Phase des freien Falls befunden, nach dem Spiel in Saarbrücken gab es ein Unentschieden und anschließend sechs Niederlagen in Folge. Die oberste Prämisse war also, die Mannschaft so schnell wie möglich zu stabilisieren, damit der Turnaround gelingt. Dazu war es sehr wichtig, den Spielern positive Momente zu geben, ihnen zu erklären, wie wichtig jede einzelne Begegnung ist, für den Verein, aber auch für sie selbst, für ihre ganz persönliche Situation. Das ist gelungen und wir haben relativ zügig ein ruhigeres Fahrwasser erreicht. Dadurch konnten wir uns auch früh mit dem notwendigen Umbruch für den Sommer beschäftigen.“ Köllner erklärt genau, wie sein Vorgehen war: „Zunächst einmal ist das ein richtiger Kraftakt für einen Trainer. Man muss im Hier und Jetzt Ergebnisse liefern, aber dennoch auch mit dem zweiten Auge die Grundlage für die zukünftige Entwicklung legen. Das ist ein schwieriger Balance-Akt. Am Ende war es so, dass wir aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen waren, zu handeln. Zudem empfanden wir es als absolut notwendig, auch neue Impulse in die Mannschaft zu bringen. Für uns war bei jedem einzelnen Spieler dennoch wichtig, einen individuellen Weg aufzuzeigen, wie die laufende Saison positiv enden kann. Jeder sollte eine Ehrlichkeit im Umgang mit sich verspüren. Es ging darum, jeden Einzelnen in seiner Entwicklung zu fördern, unabhängig davon, ob er in der Startelf stand, Kaderspieler war oder relativ früh wusste, dass man im Sommer nicht mehr mit ihm beim FCI plant.“
Der in Waldsassen im Landkreis Tirschenreuth geborene Oberpfälzer rettete die Runde und landete noch auf Rang Elf, weit weg von den ursprünglichen Ansprüchen zu Saisonbeginn. Neben Hawkins und Schmidt gingen zwölf weitere Spieler, darunter auch Tim Civeja, der vom FC Augsburg ausgeliehen war und jetzt wie Schmidt beim FCS ist. Tobias Bech (Arhus GF, Dänemark) und Nikloa Stevanovic (FK Napredak Krusevac, Serbien) spielen nun erstklassig, Dominik Franke wechselte zum Schweizer Zweitligisten FC Thun, auch Visar Musliu (SC Paderborn 07) schloss sich einem Zweitligisten an. Justin Butler (Borussia Dortmund II), Moussa Doumbouya (Rot-Weiß Essen), Rico Preißinger (Preußen Münster) und Valmir Sulejmani (TSV 1960 München) blieben in der Dritten Liga. Zu den Abgängen meinte Köllner: „Mir ist es wichtig, mich vornweg bei jedem Einzelnen zu bedanken. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir gemeinschaftlich den freien Fall stoppen und die Saison befriedigend zu Ende bringen konnten. Dabei waren vor allem Patrick Schmidt und Tim Civeja maßgeblich beteiligt. Tim wurde unter mir ein Fixspieler, nachdem er davor nur selten in der Startelf stand. Patrick ist vorangegangen – teilweise als Kapitän und Führungsspieler, aber insbesondere auch als Torjäger und Vorlagengeber. Er hat eine unfassbare Mentalität gezeigt, sich nie versteckt und die Richtung vorgegeben. Er war ein ganz wichtiger Baustein dafür, dass die Saison nicht im ‚Worst Case‘ geendet ist“. Er ergänzt auch im Hinblick auf den heute verletzt fehlenden Schmidt: „Grundsätzlich habe ich mit allen meinen ehemaligen Spielern immer wieder Kontakt. Mit Patrick hatte ich diesen vor und auch nach seiner Verletzung. Ich hoffe, dass man sich rund um das Spiel persönlich sieht und ich ihn in den Arm nehmen kann. Mir ist es wirklich sehr, sehr schwergefallen, ihn im Sommer gehen zu lassen. Der FCS hat mit ihm einen ganz besonderen Spieler und Menschen in seinen Reihen. Ihr werdet noch viel Freude an ihm haben“.
Neu im Team sind elf Spieler, darunter Lucas Fröde, Ryan Malone (beide FC Hansa Rostock), Leon Guwara (SSV Jahn Regensburg), Benjamin Kanuric (Arminia Bielefeld) und Simon Lorenz (Holstein Kiel) fünf Spieler mit aktueller Zweitliga-Erfahrung. Bryang Kayo (VfL Wolfsburg) kommt sogar aus einem Bundesliga-Kader, war zuletzt aber an den Zweitligisten 1. FC Nürnberg ausgeliehen. Yannick Deichmann kennt die Liga von seiner letzten Station TSV 1860 München. Der Saisonstart verlief schleppend, nach der Startniederlage in Aue gab es den ersten Sieg am zweiten Spieltag, der mit 4:0 (1:0) gegen den Halleschen FC aber deutlich ausfiel. Gegen den FCS gab es am vierten Spieltag ein 2:2 (1:1)-Unentschieden, ausgerechnet der da noch topfitte Patrick Schmidt (29. und 56.) sorgte entscheidend für den Saarbrücker Punktgewinn. Für die Schanzer trafen Benjamin Kanuric (20.), der mit Rapid Wien schon in der österreichischen Bundesliga spielte, und Jannik Mause (60.). Für Kölner selbst war der Sieg gegen seinen Ex-Verein TSV 1860 München sicher ein Besonderer, auch wenn er das professionell hinnimmt. „Für uns war es ein sehr wichtiger Sieg bzw. wichtige drei Punkte. Zu diesem
Zeitpunkt war in der Tabelle noch alles sehr dicht beieinander und durch eine Niederlage hätte uns sogar der letzte Platz gedroht. Der Erfolg hat den Spielern Selbstvertrauen gegeben und auch den Glauben an unseren Weg und vor allem an unser Spiel. Es war ein wichtiges Momentum für uns. An meine damalige Zeit bei den Löwen denke ich gerne zurück. Ich war fast 3 ½ Jahre dort, das ist im heutigen Profigeschäft absolut keine Selbstverständlichkeit mehr.
Über die Winter-Vorbereitung sagte Köllner: „Wir haben die Pause gut genutzt. Ich bin mit der Trainingsleistung der Mannschaft sehr zufrieden, wir haben in Ingolstadt intensive Einheiten absolviert und sind als Mannschaft noch mal ein Stück zusammengewachsen. Leider mussten wir aufgrund des ausgefallenen Testspiels in Leipzig umdisponieren, davor konnten wir aber gegen Fürth sehr viele gute Eindrücke sammeln. Wir sehen uns absolut gewappnet für die Rückrunde“.
Das Köllner-Team startete am vergangenen Samstag mit einer 1:3 (1:3)-Niederlage beim Halleschen FC ins neue Jahr, am Mittwoch gab es dann das erste Heimspiel des Jahres gegen den Aufsteiger SC Preußen Münster. Michael Köllner war als Spieler nur für die SG Fuchsmühl aktiv, seine Trainerkarriere startete er beim FC Bayern Hof, war danach eine Spielzeit bei der SG Gattendorf, ehe er sich als Co-Trainer der U15-Nationalmannschaft und beim Bayerischen Fußballverband als Jugendtrainer engagierte. Der Durchbruch als Profi-Trainer gelang ihm 2017 beim 1. FC Nürnberg, den er sofort in die Bundesliga führte, ehe er 2019 den TSV 1860 München übernahm. Im Januar 2023 trennten sich die Wege, kurz danach übernahm Köllner den schlingernden FCI im Abstiegskampf der dritten Liga. Mit Platz Fünf zum Jahresbeginn sind die Aussichten für die zweite Saisonhälfte wieder etwas günstiger. „In dieser ersten Woche wird sicherlich noch keine Vorentscheidung fallen, das hat die Liga mit ihrer
Ausgeglichenheit in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt. Es wird bis zum Schluss spannend sein und wir sind gut beraten, uns stets auf das zu konzentrieren, was wir unmittelbar beeinflussen können – nämlich das nächste Spiel“. Im ersten Spiel des neuen Jahres unterlag Ingolstadt am vergangenen Wochenende beim Halleschen FC mit 1:3 (1:3), am Mittwoch kam Preußen Münster zum ersten Heimspiel des Jahres in den Audi-Sportpark, diese Begegnung endete mit einem 1:1- (1:1)-Unentschieden, der Endstand war schon nach zwölf Minuten erreicht, als Pascal Testroet den frühen Führungstreffer der Westfalen ausgleichen konnte.